Kriegskinder
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Als Kriegskind den Bombenhagel überlebt, Kariere gemacht und mit Burn-out bezahlt. -
Ich hörte das dumpfe dröhnen der Bomber näherkommen. (starke
Bomberverbände legten eine Stunde und 20 Minuten lang ihre Teppiche in
und um Berlin) Dann wurden die Detonationen lauter und alle Gespräche
verstummten. Plötzlich hatten alle Leute Tücher in der Hand, die man in
das Wasser tauchte und sich vor Mund und Nase band. „Laß den Mund schön
zu! Der Luftdruck ist zu gefährlich!“ sagte meine Mutter noch vorher zu
mir. Ich verstand zwar, was sie von mir erwartete, aber nicht, was es mit
dem Luftdruck auf sich haben sollte. Dann drückte sie mich fest an sich
und ich spürte wie sie zitterte. Zwischen den einzelnen Detonationen, die jetzt näher kamen, herrschte atemlose Stille. Die nächsten Einschläge waren noch heftiger und ich duckte mich jedes Mal, bis der Kopf bald den Schoß von meiner Mutter berührte. Das Beben des Erdreichs war deutlich zu spüren. Dann folgte ein Schlag, so als ob ein gewaltiger eiserner Hammer auf die Höhlendecke gestürzt wäre. Jetzt rieselte Sand aus der provisorisch mit Holzlatten abgedeckten Decke, Steine polterten und trübte den Schein der Karbidlampen. |
Ich sah die Angst in den Gesichtern und spürte das hier
etwas furchtbares geschah. Meine Mutter drückte mich noch fester an sich
und ich glaube sie merkte gar nicht das sie mir wehtat. Ich traute mich
selbst nicht zu sprechen, aber andere sagten leise: „das hat ganz in der
Nähe eingeschlagen“. Nach einer Ewigkeit verhallten die letzten Schläge, bis die
lautlose Stille im Bunker bei Groß und Klein mit der Gewissheit
durchringt: "Es ist vorbei". Als die Sicht wieder klar wurde, nahmen wir unsere Tücher ab
und schauten uns um. Die Erdhöhle war ganz geblieben und niemand zu
Schaden gekommen, aber oben an der Leiter war es finster. Dort konnte man
vorher einen schwachen Schimmer des Tageslichts sehen, das durch den
Ausstieg auf die seitliche Wand fiel. Ich weiß nicht mehr, wer hinaufging
um nachzusehen, aber bald kam die erlösende Nachricht: „Wir sind nicht
verschüttet, da liegen nur ein paar große Steine herum!“ Diese
Hindernisse wurden ohne Schwierigkeiten weggeräumt, und wir kletterten
wieder hinaus. Ich sagte ängstlich zu meiner Mutter „Mami, der
Himmel brennt“. Das war nicht mehr die Welt, die ich kannte. Überall
lagen Steinbrocken, gebrochene Ziegel, gesplittertes Holz und zertrümmerte
Türen. Dort, wo vorher der Schuppen stand in dem ich gerne spielte,
befand sich jetzt nur ein Haufen Schutt. Bei unserem Haus brannte der
Dachstuhl. Vater meinte da muss eine Phosphorbombe eingeschlagen haben.
Die Nachbarn bildeten eine Kette mit Wassereimern und Vater stand auf
einer langen Leiter und versuchte das Feuer zu löschen. Ich spiele in
Ruinen (Bomben und Granaten liegen herum) Ich sammle Buntmetall. Spielen zwischen und mit Trümmern Spielen und einfach Kind sein ging oft nur in den Trümmerbergen, die für mich wie eine Abenteuerwelt war. Gegenüber stand eine Ruine die im Wesentlichen nur noch aus der Außenmauer und dem Treppenaufgang bis zum dritten Stock bestand. In dem Häuserschutt fand ich nicht nur kostbare Schätze, sondern noch scharfe Munition wie Projektile und Handgranaten. Auf einer im Rest vom Keller liegenden Fliegerbombe bin ich geritten und als ich meiner Mutter davon erzählte hat sie furchtbar geschimpft und mir den Zugang zur Ruine verboten. Einige Tage später wurde die Bombe entschärft und ich hörte wie sich die Erwachsenen darüber unterhielten. Hier soll ein Mann der eine Fliegerbombe entschärfen wollte dabei ums Leben gekommen sein.
Mit meinen Freunden habe ich zusammen verglichen, wer
das Kostbarste gefunden hat. Zu
den Kostbarkeiten zählten auch Knochen und Bombensplitter. "Man
versuchte ja, mit allem zu spielen und wir haben die Splitter dann nach Größe
und Zacken sortiert" und haben die Splitter dann getauscht."
Zu meinem Alltag gehörten die Begriffe wie Luftmine oder
Stabbombe so selbstverständlich wie die heutigen Kids vom Handy oder
Gameboy reden. Etwa
13 Millionen ehemalige Kriegskinder leben heute in Deutschland. Diese
Kinder der Jahrgänge 1933 bis 1945 sind zwischen Trümmern groß
geworden. Ihre Kindheit im Zweiten Weltkrieg bedeutete: Flucht,
Bombenangriffe, Todesangst und Trennungen. Erst jetzt, am Ende eines
Arbeitslebens, beginnen die Betroffenen über ihre Erfahrungen und
Verwundungen zu sprechen. Die Kindheit hat sie geprägt, verarbeitet wurde
dies allenfalls im privaten Umfeld. |
Viele Invaliden
ohne Arme, ohne Beine. nehmen ihre Glasaugen heraus und erschrecken uns
Kinder damit.
In der Zeit sah ich viele Invaliden an Krücken und in Rollstühlen. Einige versuchten uns Kinder Angst einzujagen und zeigten ihre Beinstümpfe oder nahmen ihre ohne hin viel zu großen Glasaugen aus der furchtbar anzusehenden Augenhöhle heraus. Bei anderen fehlte eine Gesichtshälfte oder sie hatten eine Metallplatte als Schädeldecke. Es war für mich entsetzlich anzusehen, aber die Erwachsenen machten sich daraus einen Spaß. |
Mich hat der Krieg in kurzer Zeit zu einem Profi des
Schreckens erzogen, in der die Wirklichkeit auch mit den heutigen
schlimmsten PC-Games mithalten kann.
Diese
schrecklichen Erlebnisse machten mich, wie sich erst später in meinem
Leben herausstellen wird, zum Meister von unterdrücken von Gefühlen. Das
in sich nach außen emotionslose hineinfressen von Ärger aber auch Freude
wird von anderen heute als Gefühlskalt ausgelegt. Richtig ist aber, dass
ich es gelernt habe mit Leid umzugehen und in einem selbstlosen ausgeprägtem
Helfersyndrom meine Anteilnahme zeige. Heute nach über 60 Jahren macht
sich das ständige nicht zeigen von Gefühlsausbrüche negativ bemerkbar.
Mein Akku ist leer und ich bin anfällig gegen Depressionen mit Burn-out-Syntom. Viele leiden Heute auch an "Borderline
Persönlichkeitsstörungen".
Wie ich aus meinen Depressionen und dem Burn-out wieder heraus kam können Sie in meinem Buch mit dem Titel „Burn-out-Syndrom“ – Infarkt der Seele – lesen.
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"Wir Kriegskinder in Berlin haben den Bombenhagel überlebt, sind aufgewachsen mit den Wunden des Krieges. Wir haben Hunger Durst und Kälte verspürt und konnten danach wahrend der Berlin-Blockade, Juni 1948 bis Mai 1949 nur durch die Luftbrücke am Leben gehalten werden", schreib Klaus-Peter Kolbatz in seinem Buch "Kriegskinder". Wir lebten in ständiger Angst und wurden durch den Mauerbau (1961) in ein Getto eingeschlossen das wir nur über eine Interzonenautobahn nach Westdeutschland verlassen konnten. Die Durchreise dauerte teilweise bis zu 24 Stunden. Je nach politischer Wetterlage waren die Kontrollen entwürdigend und Schikanös. Hierbei wurden ungeachtet gesundheitlicher Schäden („Strahlenrisiko“), zwischen 1978 und 1989 unsere Fahrzeuge auch mittels Cs-137-Gammaquellen durchleuchtet", schreibt Kolbatz weiter.
weiter mit "Berlin Blockade" "Luftbrücke"
Burn-out-Syndrom. - Infarkt der Seele - wie ich aus meiner inneren Leere wieder heraus kam -. Klaus-Peter Kolbatz, Book on Demand - 148 Seiten; Erscheinungsdatum: 2005, ISBN: 3833420901;
Kriegskinder - Bombenhagel überlebt, Karriere gemacht und mit Burn-out bezahlt. - Klaus-Peter Kolbatz, Book on Demand - 180 Seiten; Erscheinungsdatum: 2006, ISBN; 3-8334-4074-0
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