Wirtschaftskrise
: Mittelstand in
Existenznot.
Banken
und Sparkassen verweigern Kredite
|
dpa
Mittelständische
Unternehmen müssen kleinere Brötchen
backen |
|
|
Frontal21
Mittelstand in
Existenznot
Banken
verweigern Kredite
Deutschland
steckt in einer Wirtschaftskrise. Den
Mittelstand trifft es besonders hart, denn
zunehmend drehen die Banken und Sparkassen plötzlich
kleineren und mittleren Unternehmen den Geldhahn
zu.
von Reinhard
Laska, 20.03.2003 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Der
Sanitär- und Heizungsunternehmer Jürgen Hasler aus
Oldenburg beschäftigt in seinem Mittelstandsbetrieb
zehn Handwerker, und er bildet regelmäßig Lehrlinge
aus. Dennoch hätte seine Hausbank den Vorzeigebetrieb
fast in die Pleite geschickt.
|
|
|
|
|
Jürgen
Hasler hatte reichlich Aufträge, konnte seinen Umsatz
sogar verdoppeln. Sein einziges Problem war: Er brauchte
einen höheren Kontokorrentkredit um Material
vorzufinanzieren. Früher ging das immer glatt, jetzt
drehte die Bank den Geldhahn zu.
|
|
|
|
|
Bank
kündigt kurzfristig Kredit
Hasler:
"Wir sind eigentlich freudestrahlend dahin
gegangen, weil ich auch fast 15 Jahre schon mit dieser
Bank zusammenarbeite. Es ist unsere Hauptbank. Wir haben
uns gesagt: Mensch, jetzt haben wir endlich mal tüchtige
Aufträge für ein ganzes Jahr. Dann wurden wir doch so
enttäuscht von dieser Bank."
Die Oldenburgische Landesbank will den Kredit nicht erhöhen,
schlimmer noch, sie kündigt den bereits laufenden
Kredit kurzfristig.
|
|
|
|
|
|
|
|
Landesbank
Oldenburg verweigerte Kredit |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Kampf
um das Familienunternehmen
Die
Oldenburgische Landesbank erklärt gegenüber Frontal21,
sie könne sich zum Fall Hasler aus Datenschutzgründen
nicht äußern. Allgemein aber stellt sie fest:
"Unabhängig davon haben wir dort, wo unverhältnismäßige
Risiken bestanden, dies mit dem Kunden erörtert und in
Einzelfällen, wie bisher, von einer Begleitung der
Finanzierung abgesehen."
|
|
|
|
|
Mit
anderen Worten: Die Bank setzt Hasler vor die Tür. Über
zwanzig Jahre schon führt er das Familienunternehmen.
Er und seine Frau Annegret wollen nicht einfach
aufgeben. Jürgen Hasler löst schließlich seine
Altersversorgung auf, um seinen Betrieb zu retten.
|
|
|
|
|
|
|
|
Jürgen
Hasler gibt nicht auf |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Das
totale Aus
Annegret
Hasler: "Es wäre sonst das totale Aus für uns
gewesen."
Frontal21: "Welche Konsequenzen hätte das
gehabt?"
Jürgen Hasler: "Die Konsequenzen wären gewesen,
dass zu der Zeit zehn Personen ihre Arbeitsstelle
verloren hätten. Ich persönlich wäre dann mittellos
gewesen und hätte dann irgendwo vom Sozialamt oder
anderswo Mittel beantragen müssen."
|
|
|
|
|
Die
staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau(KfW) weiß:
So wie den Haslers ergeht es landauf, landab vielen
kleinen und mittleren Unternehmen. In einer Studie hat
die KfW die Finanzierungsbedingungen für mittelständische
Unternehmen untersucht.
|
|
|
|
|
Finanzierungsschwierigkeiten
Joachim
Heidebrecht von der KfW zum Ergebnis: "Sie haben
sich in letzter Zeit erheblich verschlechtert. Unsere
regelmäßigen Unternehmensbefragungen zeigen uns, dass
inzwischen fast die Hälfte der Unternehmen über
wachsende Finanzierungsschwierigkeiten klagen und ein
Drittel davon sogar Schwierigkeiten hat, überhaupt noch
einen Kredit zu bekommen. Die Situation ist im
Augenblick sehr angespannt."
|
|
Frontal21
Mittelstand in
Existenznot
Teil 2
Mitten in
der Krise lassen Banken viele Mittelständler
im Stich. Selbst Unternehmen, die stets brav
ihre Kredite zurückgezahlt haben, flattert plötzlich
die Kündigung ins Haus. Wer dann keine
Reserven hat, dem droht das Aus.
von Reinhard
Laska, 20.03.2003 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Ein
ehemaliger Kreditberater, der nicht
namentlich genannt werden will |
|
|
|
|
Der
Insolvenzverwalter Dirk Pfeil: "Es liegt sicherlich
auch an der Personalpolitik, an dem Verhalten in der
Bank. Ich habe den Eindruck, dass mitunter ein
Mitarbeiter, der eine neue Aufgabe übernimmt,
Kreditverträge vorfindet, Geschäftsverträge sichtet
und zu dem Punkt kommt: Wenn ich das dieses Jahr noch
rausschmeiße, kann ich sagen, das ist vom Vorgänger.
Wenn ich es nächstes Jahr rausschmeiße, geht es auf
meine Tantieme. Das ist ein Gefühl, das ich auch nicht
loswerde, es scheint mir bei allen Kreditinstituten so
zu sein."
Kunden werden zu lästigen
Bittstellern
Das
deckt sich auch mit den Erfahrungen eines ehemaligen
Kreditberaters, der lange in deutschen Großbanken
arbeitete. Er musste miterleben, wie Kunden plötzlich
zu lästigen Bittstellern wurden.
Seinen Namen möchte er nicht nennen: "Der
Handwerker, der Mittelstand, die tragenden Säulen
unserer Wirtschaft, was immer gesagt wird, war auf
einmal nichts mehr wert. Man hat die Daumenschrauben den
Betreuern angelegt. Es wurden Intensivabteilungen in
Regionen gegründet, egal welche Großbanken, es waren
alle Großbanken. Dann hat man von jungen unerfahrenen
Leuten diese Intensivengagements, kleine 50.000
DM-Kredite damals, betreuen lassen. Nicht betreuen
lassen in dem Sinn, ihnen zu helfen, sondern ihn an die
Wand zu fahren."Das verschärft die
Wirtschaftskrise. Die Banken tragen Mitschuld, wollen
davon aber nichts hören.
|
|
|
|
|
Im Börsenboom
verspekuliert
Dr.
Wolfgang Arnold vom Bundesverband der Banken: "Die
Banken und Sparkassen sind natürlich generell
risikobewusster geworden. Das hängt ganz einfach damit
zusammen, dass wir im letzten Jahr ja 40.000
Unternehmensinsolvenzen gehabt hatten, gerade im
mittelständischen Bereich. Aber das Problem des
Mittelstandes ist nicht, Kredite zu bekommen, sondern
das Problem des Mittelstandes besteht darin, dass die
allgemeine wirtschaftliche Situation nicht gut
ist."
Für diese wirtschaftliche Situation sind die Banken
mitverantwortlich. Jahrelang haben sie sich im Börsenboom
verspekuliert und lassen nun den Mittelstand dafür büßen.
|
|
|
|
|
|
|
|
Banken
drehen Mittelstand den Geldhahn zu |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Zwischenfinanzierung
notwendig
Ein
Beispiel: Frontal21 besuchte ein Unternehmen, das
jahrelang Gewinne machte. Die Geschäftsleitung bittet
uns, den Namen nicht zu nennen. Der Maschinenpark ist
zum großen Teil abbezahlt. Dann gehen zwei große Aufträge
verloren. 50 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Neue
Aufträge kommen, aber die müssen zwischenfinanziert
werden.
|
|
|
|
|
Der
Geschäftsführer: "Man benötigt zunächst für
die Abarbeitung dieser Aufträge eine erhebliche
Vorfinanzierung. Zwischen dem Materialeinkauf und der
Bezahlung einer Rechnung im heutigen Bereich des
Objektgeschäftes vergehen circa drei bis vier Monate,
und in dieser Zeit muss das gesamte Material und müssen
Löhne vorfinanziert werden. Das hat mich sehr überrascht,
dass man bereit ist, ein Unternehmen gegebenenfalls, wie
man so schön sagt, über die Klinge springen zu
lassen."
|
|
|
|
|
Bei
den Opfern wächst die Wut
Dabei
war der Kredit gut abgesichert, doch der Hausbank war
das egal. Die Möbelfertigung gilt ihr als
Krisenbranche, und sie fragt nicht, wie es um das
einzelne Unternehmen steht.
|
|
|
|
|
Nur mit
Mühe konnte die Geschäftsführung die drohende
Insolvenz verhindern. Ginge es nach der Hausbank, käme
ein florierendes Unternehmen unter den Hammer. Bei den
Opfern wächst die Wut.
|
|
|
|
|
Neue
Mittelstandspolitik der Banken
Max
Schön, Arbeitsgemeinschaft selbstständiger
Unternehmer: "Zum Teil sind die Banken sehr
aggressiv im Umgang, völlig verständnislos für die
Unternehmersituation. Sie wollen nur das Risiko
loswerden und kündigen dann einfach. Zum Teil sind sie
aber auch ausgesprochen dilettantisch, wenn es darum
geht, zu verstehen, was in dem Unternehmen los ist. Sie
machen sich häufig nicht mehr die Mühe, in das
Unternehmen zu gehen, die Details zu erfragen."
In Jürgen Haslers Unternehmen standen zehn Arbeits- und
Ausbildungsplätze auf dem Spiel. Das
Familienunternehmen besteht weiter, obwohl die Bank
alles tat, um das zu verhindern. Das ist die neue
Mittelstandspolitik nach Art der Banken.
|
|
SCHLUSSSATZ:
Viele
Bankgeschädigte konnten den Konkurs
mit
den damit verbunden wirtschaftlichen Ruin
nicht
verkraften und mussten auf städtische Friedhöfe beerdigt
werden.
Wenn die Banken hierfür
selbst aufkommen müssten, hätte jede Filiale ihren eigenen
Friedhof.
..... lässt grüßen. |
|